Liebig was my home. Liebig was my shelter.
I spent there years of empowerment, friendship, big love.
It was a place to grow.
To grow into this strong person I am today.
We had there everything I could have ever dreamed of.
It was a place where you could fail and fail and try again.
Nobody expected something more from you.
But what does that count in a capitalist world?
Where people just stare at the live stream after the eviction
and see the broken remains of what we have left there.
Not understanding that we took the house all it’s beauty
to save it deep in our hearts, where it belongs.
Mein kaputter Kronleuchter/My broken chandelier
_______English version below_______
Seit dem Tag der Verwüstung liege ich viel im Bett, starre Gegenstände an und versuche ihre Konturen zu erkennen. Das Zimmer in dem das Bett steht, ist nicht meins, sondern es ist nur geliehen und meine Sachen da drin fühlen sich unwirklich an. Weil mir der Bezug fehlt. Weil meine eigenen Konturen verschwommen sind. Und ich seit dem Tag der Räumung versuche sie wiederzufinden.
Oft bleibt mein Blick an meinem kleinen Kronleuchter hängen, der verloren auf dem Boden steht.
Den ich noch ganz kurz vor der Räumung unter meinen Arm geklemmt und raus geschafft habe. Ich habe ihn mal auf der Straße gefunden und habe ihn mitgenommen als ich vor einigen Jahren ins Haus gezogen bin. Er ist krumm und verbogen, viele Kristalle sind gebrochen oder fehlen, aber ich finde ihn wunderschön, denn unter der Patina kann man das Glänzen sehen und er erinnert mich so sehr an mein Haus, mit seinen krummen Fenstern, den verbogenen Türknäufen, mit dem gebrochenen Glas und dem verborgenen Glänzen. Denn für mich war es genau deswegen immer das schönste Haus von allen, der Ort an dem ich mich zum ersten Mal richtig zu Hause gefühlt habe.
Bis zu dem Freitag, dem Tag der Verwüstung.
Ich stand die ganze Zeit ein paar Meter vor dem Haus als alles passierte, zusammen mit anderen Mitbewohner*innen. Wir wollten alles dokumentieren, festhalten, analysieren.
Und wenn ich die Augen schließe, laufen die Szenen vor meinem inneren Auge ab. Auch noch Tage danach. Die Räumung klebt an mir.
Die Bullen stehen schon Stunden vorher drum herum und haben alles abgeriegelt, damit niemand dem Gemetzel zu Nahe kommen kann. Auf dem Dach stehen breitbeinig Bullen mit Klettergeschirr, als wäre das Haus ein wildes Tier welches sie gerade erlegt hätten und alle sollten es sehen.
Vor dem Morgengrauen werden es mehr, dann kommen die Räumungspanzer, der Bagger, der LKW und die Maschinen werden rausgeholt, schwere Maschinen die von Männern in schweren Uniformen zum Haus geschleppt werden.
Alles ist unwirklich still und gleichzeitig ohrenbetäubend laut.
Dann wird das Haus aufgebrochen, von allen Seiten. Von oben, von vorne, von der Seite dringen die Bullen in dieses wunderschöne Haus, wie Orks, wie Aliens und das diesige Licht des beginnenden Morgens macht alles noch unwirklicher.
Es fühlt sich zwischendrin an, als hätten sie eine Kinoleinwand vor uns aufgebaut, weil die Bilder so absurd und so schrecklich sind, das ich zwischendrin die Hoffnung habe, es würde nicht wirklich passieren, es wäre nur ein Film, der nichts mit mir zu tun hat, ich will das nicht sehen und ich will das nicht fühlen, ich will nicht fühlen wie sich all meine Eingeweide umdrehen und winden, ich will diese Machtlosigkeit nicht fühlen, diesen Horror, diese patriarchale Brutalität des Eindringens in diesen Lebens- und Schutzraum, die meinen Körper und meinen Geist abermals in die Schockstarre zwingen.
Der Unterschied zu einem Kinofilm ist nämlich – das Ende wird meistens ein Gutes sein. Frodo wirft den Ring ins Feuer, die Orks sterben und Aliens werden in einem dramatischen Finale meistens in die Luft gesprengt, aber in diesem Moment stand ich da und wusste: es gibt kein gutes Ende. Es gibt nicht mal ein Ende, denn das Beschissene an traumatischen Bildern ist, dass du sie erst mal eine ganze Weile nicht los wirst.
Wir alle hatten diese Momente, in dem die Räumung Wunden hinterlassen hat, die wir nicht so schnell wieder schließen können. Wie auch?
Diese Räumung geht irgendwie schnell, schneller als gedacht, aber sie ist auch schrecklich, schrecklich zäh zu gleich.
Immer mehr Bullen klettern wie kleine dunkle Maden ins das Haus, reingeschickt, um das Haus bis auf ein Skelett seines Selbst zu zersetzen.
Plötzlich sehen wir panische Gesichter von unseren Mitbewohner*innen, die noch im Haus drin sind. Die ihre Köpfe aus einem Fenster strecken, unseren Blick suchen und uns mit wilden Gesten mitteilen wollen, das sich die Bullen gerade durch die Decke in ihr Zimmer sägen. Wir verstehen erst nicht ganz, gestikulieren wild zurück. Ihre Köpfe verschwinden.
Und plötzlich guckt ein Bulle in voller Kampfmontur aus dem Fenster und es fühlt sich an als schaute er mir direkt in mein Gesicht. Und ich fange an zu kreischen, ganz laut und ganz hoch, wegen des Schocks den Bullen zu sehen, vor Angst um meine Mitbewohner*innen, die jetzt mit diesen Bullen alleine und ungeschützt im Zimmer stehen und vor allem wegen der schrecklichen Erkenntnis das sie jetzt im Haus sind, wirklich in meinem Haus sind, in meinem alten Stockwerk stehen. Das war einer der Momente, die meinen Körper nachhaltig immer noch mit psychosomatischen Reaktionen schütteln. Eine andere Mitbewohnerin ist zu dem Zeitpunkt bereits kotzen gegangen.
Nach und nach schleppen sie Menschen aus dem Haus und den Menschen wird zugerufen das sie nicht alleine seinen, das die Liebig lebt und bleibt und wir haben für sie und miteinander gerufen und geschrien und versucht lauter zu sein als der Krach und der Schmerz und haben versucht unsere Würde zu bewahren, während unser Haus und unser Innerstes würdelos auseinandergenommen wurde.
Dann waren unsere Menschen draußen. Und die Bullen drin. Laute Stille in meinem Kopf.
Unsere Verletzungen durch die Räumung liegt nicht nur in der Sache an sich. Räumungen sind immer brutal und grausam. Sondern auch WIE geräumt wurde. Alle vermeintlichen Gewinner des Patriarchats schienen sich an diesem Ort versammelt zu haben, um diesen feministischen Körper nachhaltig zu schänden. Meine Mitbewohnerin neben mir hat die Fäuste geballt, als die Bullen die feministischen und queeren Transparente abhängen, das war das Erste was sie taten, nach dem alle Menschen raus waren. Sie will etwas kaputt schlagen, das weiß ich, der Zerstörung mit ihrer ganzen Wut begegnen, sie starrt auf das Haus. „Wie im scheiß Krieg“, sagte sie. „Erstmal Fahnen abhängen. Diese Wichser.“ Aber wir können uns nicht bewegen, nichts kaputt schlagen, wir hängen fest.
Dann gehen Bullen durch die Eingangstür ein und aus, alle dürfen mal ihr Revier markieren.
Die emotionalen Konturen zwischen dem Haus und meinem Körper sind verschwommen. Es fühlt sich an als wäre mein Körper verwüstet, als hätten sie mit jedem Stück das sie aus diesem Haus raus reißen, Teile von mir zerschmettert.
Ich höre es im Nebenzimmer schreien. Eine Mitbewohnerin sitzt auf dem Bett, guckt mich an, sie ist komplett weiß im Gesicht. „Die AfD ist in unserem Haus“. Sie fängt an zu weinen, seltsam laut und ziemlich verzweifelt und mir ist eiskalt. Die Medien werden in den nächsten Tagen das Haus noch weiterhin auf misogyne Weise zerfleddern und unser kollektives und individuelles Selbst auf verschiedene Weisen angreifen.
Wir nennen toxische Männlichkeiten so, weil sie wie Gift sind. Wir haben alle eine Geschichte, in der uns das Aufwachsen in einem patriarchalen Leben verwundet hat, Kratzer bis Fleischwunden, die wir irgendwie versorgen, nähen, tackern. Geschichten, über die wir nicht oft sprechen, oder es erst noch lernen, und manche Sachen werden nur an Orten geteilt an denen wir uns sicher genug fühlen. Ich habe das erste Mal in der Liebig über meine Geschichte gesprochen, über Gewalt, Grenzverletzungen, warum ich mich im Dunkeln fürchte und Angst vor manchen Menschen habe. Mir wurden Pflaster auf meine Wunden geklebt und meine Angst durfte mit mir existieren. Die Räumung dieses Ortes zu erleben und das patriarchale Massaker mit all seinen Machtdemonstrationen und Demütigungsversuchen seitens Hausbesitzer, Bullen, Medien, Politikfutzis und rechten Arschlöchern zu spüren zu bekommen, wirft mich in meinem Heilungsprozess um Jahre zurück, denn ihr Gift zieht in jede getackterte Wunde und fühlt sich an wie Säure.
Und alles was ich gerade will ist, sie das spüren zu lassen, was sie uns spüren lassen. Mit ihrer Ignoranz, mit ihrer Brutalität, ihrer Gewalt, mit ihrem scheiß toxischen Mackerabfuck. Heiße Wut steigt in mir hoch und ich will das sie sich auf ihnen entlädt wie eine riesige Explosion und plötzlich habe ich Bilder und Worte dafür:
Ich will ihre hässlichen Fratzen zerfetzen, ich will sie auf dem Scheiterhaufen verbrennen und dabei kreischend laut lachen, ich will das meine höchsten Oktaven ihre Körper zerteilen wie Blitze, ich will ihnen mit strassbesetzten Fingernägeln ihre Eingeweide raus reißen, ich will Buffy the Vampire Slayer-mäßig alle irdischen Patriarchatsdämonen dem Erdboden gleichmachen. Raus aus der Liebig, raus aus meinem geliebten Zuhause, raus aus mir, raus aus uns, zurück in den Höllenschlund. Ich atme heiße Wut aus. Ich atme tief durch.
Die Räumung meiner feministischen Utopie hat etwas in mir kaputt gemacht und ich starre wieder den Kronleuchter an auf der Suche nach Linderung und Antworten, aber alles bleibt laut still.
Aber eines habe ich beim Schreiben dieses Textes verstanden: Vor dem Frieden kommt die Wut.
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Since the day of the devastation I lie in bed a lot, staring at objects and trying to make out their outlines. The room in which the bed stands is not mine, it’s only borrowed and my things feel unreal inside it. Because I’ve lost connection. Because my own outlines are blurred. And I have been trying to retrace myself since the day of the eviction.
Frequently my little chandelier, which stands lost on the floor, catches my eye. I tucked it under my arm just before the eviction and got it out. I found it on the street once and took it with me when I moved into the house a few years ago. It is crooked and bent, many crystals are broken or missing. But I believe it beautiful, because under the patina you can catch a glimpse of it glimmering.
It reminds me so much of my house, with its crooked windowframes, the twisted door handles, it’s broken glass and hidden glimmering. For me it was always the most beautiful house of them all, the first place where I truely felt at home.
Until that Friday, the day of ravaging.
Me and some housemates stood just a few meters away from our house while it all happened. We wanted to document, record and analyze everything.
To this day, the scenes replay in my mind’s eye. The eviction sticks to me.
The cops are standing around for hours prior. They seal off the house, preventing anybody getting close to the carnage to come. Cops in climbing gear are on the roof, as if the house is a wild animal they’d just shot and everyone should see it.
More and more of them arrive just before dawn. They bring the evacuation tanks, the excavator, the truck, man in heavy uniforms dragging heavy machines to the house.
Everything is simultaneously awfully quiet and deafeningly loud.
Then the house is broken into from all directions. From above, the front, the sides. The cops penetrate this beautiful house, like orcs, like aliens. The hazy light of the dawning day renders it all surreal.
At times, it feels like they have set up a giant film screen in front of us. The images are so absurd and so horrible, that – in between moments – I have the hope that it’ not really happening, that it’s just a film that has nothing to do with me. I don’t want to see this and I don’t want to feel this, I do not want to feel how my bowels are being twisted and turned.
I do not want to feel this powerlessness, this horror, the patriarchal brutality of the invasion of this living space and shelter, all of which forces my body and my mind into shock.
Usually, the end of a movie is a happy one. Frodo throws the ring into the fire, the orcs die and aliens are blown up as part of the dramatic finale. But in that moment. I stood there and I knew: There is no happy ending. There isn’t even any ending, because the shitty thing about traumatic experiences is that you can’t get rid of the memory for a while.
We’ve all experienced evictions that left us with wounds that don’t close so quicky. How could they?
This eviction is happening somewhat fast, faster than we thought, but it’s simultaneously also terribly, terribly slow.
More and more cops are climbing into the house like dark, little maggots, sent in to expose the house’s sceleton.
Suddenly we see the panicked faces of our roommates from inside. They stick their heads out of a window, trying to catch our gaze and wildly gesturing, attempting to make us understand that the cops are currently making their way through the ceiling and into their room. At first, we don’t quite understand, gesturing back even wilder. Their heads disappear.
And suddenly, a cop in full gear looks out of the window. It feels as if he’s looking directly into my face. I begin to scream, very loud and very high, triggered by the shock of seeing the cop and afraid for my roommates, who are now alone and unprotected in the room with these cops.
I also scream because I realise, that they are now inside the house, really inside my house, standing on my old floor. This is one of the moments that still continues to shake my body, causes it to react psychosomatically. Another roommate is already puking.
Little by little they drag people out of the house. The people are told that they are not alone, that Liebig lives and stays and we call and scream for them and with each other and we try to be louder than the noise and the pain and try to preserve our dignity, while our house and our inner being is dismanteld and ripped of dignity in the process.
Then we were on the outside. And the cops on the inside. A loud silence in my head.
It’s not only the eviction itself that injured us. Evictions are always brutal and cruel. We’re also injured by HOW we were evicted.
All the supposed winners of patriarchy seemed to have gathered at this place to permanently dismantle this feminist body. My roommate clenched her fists when the cops took down the feminist and queer banners. It was the first thing they did after everyone was out. She wants to break something, I feel it, she wants to face the destruction with all her anger, she stares at the house. “It’s like a fucking war,” she said. “First thing you do is take down flags. Those motherfuckers.” But we can’t move, we can’t break anything, we’re stuck.
The cops walk in and out the front door, marking their territory.
The outlines between the house and my body are blurred. It feels as if my body has been ravaged, as if with every piece they ripped out of this house they have shattered parts of me.
I hear screaming from behind me. My roommate is sitting on the floor, looking up from the phone, her face is so pale, it’s almost white. “The AfD is inside our house”. She starts to cry, somehow loud and desperately and I am freezing cold. The media will continue to tatter the house in misogynous ways over the next few days and attack our collective and us as individuals in various ways.
We call it toxic masculinitiy because it is poisinous. We all have a history of growing up in a patriarchal world, wounding us, scratches and flesh wounds that we somehow tend for, sew shut, staple closed.
Stories that we don’t talk about often or learn about, and some things are only shared in places that offer us safety. The first time I shared my story was in Liebig, I spoke about violence, border violations, why I am afraid of the dark and why I am afraid of some people. Bandages were put on my wounds and my fear was allowed to exist with me. To experience the annihilation of this place, to feel the patriarchal massacre with all its demonstrations of power, the humiliation by the house owner, cops, media, political idiots and right-wing assholes, throws me back years in my healing process, because their poison penetrates every closed wound and burns like acid.
And all I want right now is to force them to feel what they made us feel. With their ignorance, with their brutality, with their violence, with their fucking toxic macho bullshit. Hot anger is boiling inside of me, rising up, and I want it to pour down on them like a huge explosion and suddenly I have pictures and words for it:
I want to rip their ugly faces to shreds, I want to burn them at the stake and laugh screachingly and loudly, I want the highest octaves of my voice to split their bodies like lightning bolts, I want to rip their guts out with rhinestoned fingernails, I want to raze all earthly patriarchal demons from the ground like Buffy the Vampire Slayer. Out of Liebig, out of my beloved home, out of me, out of us, back into the Hellmouth. I exhale hot anger. I take a deep breath.
The eviction of my feminist utopia has broken something inside me and I stare at the chandelier again. In search of relief and answers, but everything remains deafeaningly silent.
There´s one thing I understood while writing this text: Before the peace comes the anger.
Collective Emo-Round Collective Trauma
There are a lot of texts missing that I wanted to write about life in Liebig in the last years. About machos, drugs at Dorfplatz, about the fear of an eviction. Now this text will be the first. Like one of those terrible movies where the story starts with the ending.
Feelings were rough the last days. Inside and outside. Sometimes the worst thing about the eviction, is that I am, or that we are, so tired and just want go home to our own rooms and then realizing they are no longer there. We can never ever enter the house like it was. It is like a death. Something the brain is not able to grab.
Passing by the house is surreal. The missing windows of a dark and empty building. Liebig never looked like this before. The pile of trash in front. This „trash“ which was once our lives. I saw the super uncomfortable chair we wanted to throw out a while ago, and then the laundry basket from 3rd floor kitchen. The kitchen door was also there. Trashed. It was a nice kitchen door.
It takes a certain evil to render a home unlivable in such an inherently violent way,
Just as it begins to get cold and winter is approaching,
Just as the second wave of the corona lock-down hits Berlin.
This former home will be empty as people shiver in the streets.
Meanwhile, private mob-like-security are using our own tools from our house
as weapons of violence against our own community.
Sometimes I talk to people from outside. Lately parents, colleagues, neighbours tell us what a good thing it was that we did not resist. How happy they are that the eviction happend without violence.
I guess the common meaning of violence really needs to be re-thought.
While all the people talking about their happiness about this violence-free-eviction I just get more and more calm. Wordless. I want to vomit. I am ashamed that we were not violent. Usually I am the one thats talking this violence-free bullshit! I am ashamed that I let it happen like this. In these tiny moments I guess I can find my anger.
And then the thought that I am thankful that there were minimal physical injures. That no one who was inside is in very deep shit from the eviction.
It makes bit better to see the pictures from the demonstration and manifestations. That there’s people out there expressing the anger I still can’t find. I am so very thankful for this!
Maybe I’m just regretting a lot of things which happened in these past weeks. But damn. There is no such thing as a good eviction!
I can’t find my anger tired. weak. senseless. reality.
I can’t find my anger. And I have cold feet. Literally cold feet. Because I was wandering around in the kiez with the shitty weather not knowing where to go, not knowing what to do.
It seems that even the weather is mourning.
I don’t know where to go because my home got evicted just a few days ago.
I don’t know what to do because my collective space, bar and infoladen was evicted just a few days ago.
I know I should be angry, wild, furious. Even some hysteria would be great, this word so often used as propaganda against us! I can’t find my anger. Neither energy, nor motivation.
For sure, everything I write now seems to be a bit over-exaggerated. I am not homeless. I dont have to sleep at a shelter or on the street. But still, I feel home-less.
Police Violence – Nordkiez Friedrichshain – perspective of a fifteen years old
When I was like four years old, my mom got arrested. I wasn`t there but I heard about it. This experience was my first thought about police violence and that the police isn’t just our protector. Because no, my mom did not do anything bad to other humans or animals, she just sprayed a little grafitti. That was enough for the police to bring her to the police station. She had to stay there ‘til the next day. It wasn’t a big thing but for me as a 4-year-old, it was unbelievable. I want to talk about police violence, because it is important that everyone knows that the police is not just good and fair. Not every police officer makes the right decisions. The state controls the police and how we can see, the state also is not fair in many situations. So everything that the police is doing should be considered critically from every single human. A really good example for police violence happening in Berlin, is the Rigaerstraße in the northern part of Friedrichshain. I want to describe an evening when I was there.
Me and some friends are walking along the street. My view goes down the street. In a few meters there is an intersection. Many people are gathering there. We are getting closer. I see a good friend of mine. We are hurrying. I hug my friend. We are standing on the sidewalk. A Person which I don`t know, stands next to me on the street. And then, a police officer is coming and without any warning, he shoves the person off the street, back on the sidewalk. Just before the person is falling, we can hold the person. The Officer kicks into our group and goes back to his colleagues. They are standing there. They are tall and big and they have spooky helmets. We are getting closer to one of those houses, to get more distance from the street and to the police. But now, like fifteen officers are getting closer to us and now they`re beginning to walk around our group. Everywhere I see nothing but helmets, dark, tall, angry views, angry views. These eyes are looking at me. Frozen blue, ice blue, angry views. So much helmets, dark, tall, angry views. I am turning around and hold my friends. Dark, tall, helmets and angry views. I want to scream that they should go. But everywhere there are those tall, dark, helmets, angry views from cold, angry eyes. From outside of the circle there are many people screaming to the police. Tall, dark, helmets. Now the people outside are breaking through the police circle. My friend gasps because she was kicked by a police officer.
I hold her and some people are helping us to bring her in a house next to the intersection. But one of my friends stays there. She`ll help the others trying to get rid of the police. I’m looking to the people on the street. They are screaming at the police but those tall, dark figures with angry views and helmets and billets and pistols are angry and I see some people on the floor. They are sitting there to protest. They are sitting to fight. But the police pulls them up. The police is kicking the people until they are back on the sidewalk. Now the police is going back to the car and they are lining up. Still I can see the angry views, the ice-cold eyes and the tall and big body types. Helmets. Billets. All the people are getting more calm. But my friend is still not here. From the house comes an announcement. I can`t understand all the words. But I think it is something like that we have to fight repression. Right now, all the police officers are running closer to the house. Everybody is screaming at them. The fear rises in my heart. I start to shiver. All these tall, big, dark figures are pushing the people around them to the ground. And then: Many officers are grabbing one person. All the people around are screaming. They tug the person to the police car. Everyone screams. I can`t really understand which slogan but I know that I also have to scream. I scream. All the people around are screaming. The fear is getting bigger. Is it my friend there in the police car? Everyone is screaming. I scream. I can’t do anything. Because everywhere are tall, big, dark figures. Pistols, billets and angry views.
That was how I saw this situation. But the background of it, was mostly mutual provocation. The day wasn’t special. In the house at the intersection was just a little brunch and a little concert. Then the police officers came and now, all the people became angry that they ruined their good mood. Because it was just a nice evening, just talking with friends, listening to music and eating something. But the police had to stand there and destroy everything by angry views and later also violence. The cozy mood was gone. That was when it started that some people provoked the police by standing on the street or shouting a slogan because it is stupid and annoying what the police is doing. Then the police started to kick them back on the sidewalk. Or walking around a group. But at these moments, the police are doing more than they should and more then commanding. Their job is to keep people off the street but not to bully them violently on the sidewalk and indisciminately capture people who only have a nice afternoon there. With „there“ I mean the north part of Friedrichshain. A neighborhood that has the reputation of being dangerous and violent. But without the police, which has to annoy all the time, I think it would be a very peaceful neighborhood with houses, which are a great home to many people. But also providing spaces for political action and a lot of culture to the area. Without the police over there it would be a very peaceful area. Sometimes the police even shows up and uses violence when cotton candy is made for kids in the area. In the north part of Friedrichshain, the police is simply harder and more violent I think, because they know that some projects and houses over there are being illegally inhabited. But the police has nothing to do with it, if they don’t have an eviction order. And in my opinion also then, they should’nt go into houses, without the permission of the people who are living there. Most times, the order is just to hold the people away from the street. The fact that the house is maybe occupied or something is primarily something, which has to do with the owner and the police does not have the right to interverne. Also one has to consider, that the police is just doing their job, to keep the people away from the street – but they are using way more force than necessary. I don’t think that they should have the right to rule the peoples lives but if they do, the first thing should be ordering and then threat of violence and then violence. But pretty much times, the first thing that the police is doing in the northern neighborhood of Friedrichshain, is violence! This situation, which I’ve described, wasn’t the best example… There are many more situations, where the cops are more violent and unfair! But those situation are kind of too dangerous for me yet. And I wanted to write about a situation, where I was involved.
CosyColdCaféTalks – Autumn Edition
The future is what?
Hier sitze ich nun
gefangen zwischen aufgeben und kämpfen
zwischen loslassen und festhalten
ein haus
das noch da steht
ein haus
das ich oft verflucht und gehasst habe
kurze gedankenblitze dass es doch besser wäre
wenn es vorbei wäre
und es gar nicht mehr existieren kann
ein haus
in dem ich tiefe freundschaft empfunden habe
mich unbesiegbar gefühlt habe
sluts gegen den rest der welt
denn innerhalb der wände konnte uns niemand was anhaben
ein haus
in dem ich mich unsterblich verliebt habe
und immer noch alles aufgeladen ist mit dieser erinnerung
the future is queer stand über meinem bett
es passte dort gut hin als wir davor gefickt haben
denn unsere gegenwart
war schon queer
wenn ich jetzt in mein altes zimmer sehe
denke ich eher
the future is destroyed
at least my future in this house
ich bin geflohen
aus angst
vor repression
es funktioniert nämlich sehr gut
ihre bedrohlichkeit
der schmerz ist da
zuerst gefroren
taut er nun langsam ab
während ich beginne zu verstehen was passiert.
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I’m sitting here now
caught between giving up and fighting
between letting go and holding on
a house
that still stands here
a house
I’ve often cursed and hated
short flashes of thought that it would be better
if it were over
and it can no longer exist
a house
in which I felt deep friendship
I felt unbeatable
sluts against the rest of the world
because inside the walls, nobody could bother us
a house
where I’ve fallen deeply in love
and still everything is charged with this memory
the future is queer stand above my bed
it fit there well while we were fucking before
cause our present
was already queer
when I look into my old room now
I think rather
the future is destroyed
at least my future in this house
I fled
anxious
from repression
because it works very well
their threatening
the pain is here
first frozen
now it slowly melts away
while I’m beginning to understand what’s happening.
Nine Sentences
Since weeks I am trying to write a text about the present, about how I feel right now. It‘s happening so much, that I have the feeling I need to have some emotions I can write down. But I am starting text after text and after five sentences I recognize, that I have nothing to say. The only feeling that I have is emptiness mixed with a bit of anger. But not that type of anger, which is leading into much action. It‘s more this type, which makes me frozen.
I am prepared for the eviction. I am prepared that the home I‘ve loved most will be destroyed by the the executives of the state and then turned into luxury apartments by a capitalist asshole. Because he has still not enough money, not enough power.
Nine sentences.
Maybe enough to write down.
meine schönheitsnormen sind zum kotzen – mein leistungsdruck verletzt mich selbst – ich bin keine gute feministin
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TRIGGERWARNUNG
themen des textes sind u.a. körperunzufriedenheit, internalisierte selbstverachtung, selbstverletzung, essen, erbrechen.
aus der perspektive einer weißen, in deutschland als cis-frau sozialisierten person, abled-bodied und mit uni abschluss
sorry that i don’t manage to write this text in english. if anybody likes to translate, feel free to do so.
danke an den*die verfasser*in des cosy cold kitchen talks beitrags „Once Upon A Time – Body, Shut Up.“ – du hast mich inspiriert, mich mit dem thema stärke/stark sein im zusammenhang mit dem eigenen körper auseinanderzusetzen.
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statt an der zerstörung der welt dort draussen mitzuwirken, habe ich mich heute mal wieder meiner eigenen zerstörung gewidmet. statt mich mit freund*innen zu verbünden und für die vernichtung von körpernormen zu kämpfen, hab ich ein paar tafeln schokolade vernichtet. sie danach ausgekotzt, einsam und allein. ich hab heut keine bank entglast, sondern mir mit den trümmern meines spiegelbilds meine eigene hülle aufgeschnitten. kein auto angezündet, sondern meine misslungenen schreibversuche verbrannt, weil ich sie hässlich fand wie mein gesicht.
und dann das fressen immer das fressen immer wieder und wieder immer
fressen kotzen und nicht in den spiegel schauen
doch in den spiegel schauen
mein gegenüber zertrümmern
scherben in haut säure im mund
ideal und wirklichkeit. meine wirklichkeit gebiert sich selbst, sie entspringt dem widerspruch zwischen wollen und handeln. ich wollte heute holz machen, ich wollte unser haus verteidigen und ich wollte nazis angreifen. aber heute hab ich gekocht, den abwasch gemacht und den typen kaffee gebracht. ich war nicht stark genug zu fragen, wie man kettensägen schärft. wie man barris schweißt und ob wir vor dem angriff eine emorunde machen können. ich wollte nicht schwach sein. aber vor allem wollte ich eins nicht: kotzen.
oft genug bin ich nicht stark genug.
nicht stark genug, den kontrollettis in der ubahn das leben schwer zu machen. mich mit betroffenen rassistischer kontrollen zu solidarisieren oder bullen anzupöbeln. mich der allgegenwärtigen unterdrückung zu widersetzen. die geregelten abläufe eines normierten alltags zu stören.
und dass ich nie genug sein kann
nie genug
nie
genug
auch mich selbst hat der alltag fest im griff. jeder tag ein vorwärtsstolpern durch eine welt die wackelt wie pudding unter den füssen. haltsuchend stürze ich, stütze mich auf eine kloschüssel.
jeden tag dieser druck, mir selbst nicht nachzugeben. denn draußen bin ich feministin. und drinnen? versinke ich in hass auf, ekel vor und mitleid mit mir selbst. du arme kotzende kartoffel.
sie wissen nichts von dem inneren druck wie es reisst wie es zerrt wie ich nicht mehr sprechen kann ohne zu weinen wie ich in den wald gehe zum kotzen zum schreien wie ich nachts auf autobahnbrücken sitzt sie wissen es nicht sie können es nicht wissen brauchen es nicht wissen es macht keinen sinn menschen wissen zu lassen dass es nach jedem essen all die energie braucht um es nicht wieder rauszukotzen wenn sie es wüssten ich wollte die blicke nicht ertragen ich wollte nie mehr zusammen essen es ist so schon anstrengend genug
ein erklärungsansatz für depression ist, dass keine priorisierung von optionen mehr vorgenommen werden kann, d.h. dass sich verschiedene, oft entgegengesetzte entscheidungsmöglichkeiten gegenseitig aushebeln und die handlungsfähigkeit dadurch lahmlegen. wenn ich also etwas will, meine kraft aber nur noch für etwas ausreicht, das ich zwar kann, aber nicht möchte, führt es oft dazu, dass ich irgendwann gar nichts mehr kann, selbst das nicht, was ich in meiner rolle als cis-frau von klein auf erlernt habe. dann liege ich nur noch nutzlos herum, unbrauchbar. dann bin ich ein nichts in der leistungsgesellschaft tief in mir drinnen.
lass sie doch denken du liegst faul in der sonne weil du keine lust hast mitzuhelfen sie können nicht wissen wie viel arbeit es für dich ist jeden tag zu schaffen und dann den abend und dann noch die nacht jeden morgen zu schaffen und bis zum abend aushalten und den abend schaffen und bis zum morgen aushalten und wie gerne würdest du einfach funktionieren wie gerne würdest du einfach mithelfen wie alle anderen und stattdessen liegst du wie gelähmt und versuchst dich zu fangen und in deinem kopf ein erdnagel der dich am boden befestigt.
manchmal klicke ich in tor auf “neue identität” und während sich der browser neu öffnet, bin ich für einen moment diese zwiebel, die sich nur kurz häuten muss, um all die narben loszuwerden, all die zuschreibungen und mein spiegelbild, das ich so hasse.
aber damit wäre es nicht getan. kein neues außen kann mich über mein innen hinwegtäuschen.
es fällt (mir) schwer, das einzusehen, aber die (schönheits)normen und der leistungsdruck sind längst teil meiner identität. wie soll ich sie bekämpfen, ohne mich selbst zu bekämpfen?
zusammen-bruch wäre schön.
einsam bin ich lieber allein.